Von Amelie auf Montag, 10. August 2020
Kategorie: Erfahrung

Wie es mir heute geht

Mittlerweile sind über sechs Jahre vergangen und ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich sagen kann, ich bin gesund und ich habe eigentlich alle Ziele erreicht, die damals auf meiner Liste standen.

Damals hat meine Mutter mir, nach monatelangen wenig hilfreichen Klinikaufenthalten, zuhause mit FBT aus der Magersucht herausgeholfen. Ich kann essen, was ich will. Ich kann wieder lachen. Ich habe wieder ein ausgefülltes soziales Leben. Ich finde die richtige Balance im Leben. Ich kann mich annehmen, wie ich bin.

Der Schritt ins Studium, also in die Selbstständigkeit, war ein sehr wichtiger für mich. Natürlich war er mit einer gewissen Spannung verbunden (von meiner Seite, aber auch vonseiten der Familie). Aber ich war mir sicher, dass ich es irgendwie schaffen würde. Mir tat der Abstand zu dem gewohnten Umfeld gut.

In der neuen Großstadt, in der ich nun seit zwei Jahren wohne, weiß so gut wie niemand von meiner Vergangenheit, nur meine engsten Freunde. Nicht, weil ich es verstecken will, oder mich dafür schäme. Aber ich wollte mich davor schützen, ein "Magersuchts-Image" erfüllen zu müssen. Wenn ich weiß, dass die Menschen, denen ich begegne, nichts von meiner Geschichte und Problematiken wissen, dann fühle ich mich viel freier, "normal" zu sein.

Natürlich hatte (und habe) ich immer noch gewisse Baustellen. Aber ich habe gemerkt, dass sich diese mit der Zeit ganz automatisch auflösen, ohne dass ich mich groß damit befassen muss. Meistens war es so, dass ich durch "normale Umstände" zu gesunden Verhaltensweisen gezwungen wurde. Jetzt war es nicht mehr die Mama oder Therapeutin, die mir sagt, was ich machen/unterlassen soll. Sondern es hat sich einfach so "aus dem Leben" ergeben. Einige Beispiele:


Außerdem ist es die Anerkennung/Wertschätzung, die ich von meinem Freund erfahre, die sehr viel Positives in mir auslöst und dazu führt, dass ich mich selbst besser annehmen und lieben kann.

Ich denke im Laufe der Zeit immer weniger an die Krankheit, weil mich das Leben rundherum ablenkt und auf andere Gedanken bringt. Ich liebe das Leben und meinen Alltag. Es ist schön, mich selbst – also die richtige Amelie - zu erleben und immer mehr aufblühen zu sehen. Die Krankheit bekommt immer weniger Stellenwert und Wichtigkeit.

Mittlerweile verstehe ich, wie wichtig Essen ist, und dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob ich genug esse oder nicht.